Eidechsen – eine kleine Exkursion durch die Zoologie
Wo im Tierreich sind die Eidechsen eigentlich einzuordnen?
Eidechsen sind Reptilien werden Sie sagen - das wissen Sie aus dem Biologieunterricht oder einer anderen Quelle.
Ein einfaches Ausschlussverfahren
Ich will keineswegs behaupten, dass diese Einordnung falsch ist. Aber so einfach wollen wir es uns nicht machen, vielmehr wollen wir einen beschwerlicheren Weg beschreiten, um diese Frage zu beantworten. Gehen wir bei unserer Betrachtung von uns Menschen aus und lassen Sie uns sehen, was wir mit den Eidechsen gemeinsam haben und was uns unterscheidet. Durch ein einfaches Ausschlussverfahren werden wir die Verwandtschaftsbeziehungen der Eidechsen eingrenzen.
Sind Eidechsen Schädeltiere?
Würden wir eine Eidechse sezieren, was wir natürlich nicht machen werden, würden wir feststellen, dass sie über eine Wirbelsäule verfügt. Aber auch durch das Betrachten der lebenden Tiere fällt uns auf, dass ihr Bauplan nicht grundsätzlich von unserem abweicht. Wir haben es mit Sicherheit mit Wirbeltieren oder, wie es heute heißt, mit Schädeltieren zu tun.
Damit werden schon eine Menge Tiergruppen ausgeschlossen, die keine Wirbeltiere oder Schädeltiere sind. Beispiele dafür sind die Insekten, die Spinnen, die Schnecken und andere Tiere, die einen ganz anderen Bauplan haben. Es bleiben aber noch die Fische, die Amphibien, die Reptilien, die Vögel und die Säugetiere als mögliche Tiergruppen übrig, in die wir die Eidechsen theoretisch einordnen könnten.
Sind Eidechsen wechselwarm?
Wenn wir Eidechsen im Tagesverlauf beobachten, fällt uns auf, dass sie in der Kühle des Morgens nicht sehr aktiv sind und sich zum Aufwärmen in die Sonne legen. Erst wenn die Tiere auf „Betriebstemperatur“ sind, begeben sie sich auf die Suche nach Futter und sind dann sehr schnell unterwegs. Berührt man ein Tier in der Winterstarre, stellt man fest, dass es kalt und steif ist und sich kaum bewegen kann. Es ist offensichtlich, dass es sich bei den Eidechsen nicht um gleichwarme Tiere handelt, die ihre Körpertemperatur unabhängig von der Außentemperatur auf einen konstanten Wert regulieren können, wie es bei den Vögeln und Säugetieren der Fall ist.
Es handelt sich also um wechselwarme Tiere, die keine konstante Körpertemperatur aufweisen. Ihre Körpertemperatur entspricht im Wesentlichen der Umgebungstemperatur. Unser Ausschlussverfahren hat sich bisher gut bewährt, denn es sind nur noch die Fische, Amphibien und Reptilien als mögliche Tiergruppen geblieben.
Sind Eidechsen Fische, Amphibien oder Reptilien?
Wenn wir uns nun die Fische näher ansehen, stellen wir fest, dass diese Tiere in jeder Lebensphase völlig ans Wasser gebunden sind – wenn es davon auch ein paar Ausnahmen gibt. Sie atmen über Kiemen und können in der Regel keinen atmosphärischen Sauerstoff aufnehmen. Die Paarung und die Eiablage finden im Wasser statt und auch die Jungfische wachsen hier auf. Außerdem unterscheidet sich der Körperbau der Fische von dem der Eidechsen doch erheblich.
Bei den Amphibien ist die Sache schon erheblich schwieriger. Die Körperform der Salamander und Molche lässt sich schon eher mit der von Eidechsen vergleichen. Sehen wir uns nun die Paarung der Amphibien und die Entwicklung der Larven an. Zur Paarung müssen die meisten Amphibien das Wasser aufsuchen. Fast alle Arten legen Eier (den Laich) im Wasser ab und die Larven, die ebenfalls im Wasser leben, atmen zunächst mit Außenkiemen und über die Haut. Erst nach einiger Zeit ist die Metamorphose abgeschlossen. Die Larven haben sich zu lungenatmenden Tieren „umgeformt“, welche das Gewässer verlassen können. Das bedeutet, dass die Larven ans Wasser gebunden sind und erst die erwachsenen Tiere atmosphärischen Sauerstoff atmen und an Land gehen können.
Wenn wir den Lebenszyklus der Eidechsen ansehen, sehen wir, dass ihr Leben in keiner Phase an das Wasser gebunden ist. Sie paaren sich an Land, die Eier der eierlegenden Arten werden vergraben und durch die Bodenwärme ausgebrütet. Aus den Eiern schlüpfen Miniaturausgaben der Elterntiere, die sich sofort nach dem Schlupf wie diese verhalten.
Unsere Eidechsen sind also weder Fische noch Amphibien, sondern typische Reptilien.
Damit hat sich die anfängliche Behauptung, dass Eidechsen Reptilien sind, bestätigt, wir haben uns dieses Ergebnis aber selbst erarbeitet und ich meine, wir haben dabei eine Menge über das Tierreich gelernt.
Charakterisierung der Eidechsen
Die Eidechsen sind eine Familie innerhalb der Schuppenkriechtiere.
Es handelt sich bei den meisten Arten um schlanke, agile, bodenbewohnende Tiere. Ihre Gesamtlänge reicht von 12 bis 90 cm, wobei kleinere Formen vorherrschen.
Sie haben Gliedmaßen mit jeweils fünf gut ausgebildeten Zehen und einen sehr langen Schwanz, der an vorgegebenen Sollbruchstellen abgeworfen und später regeneriert werden kann (Autotomie). Anders als bei anderen Echsen fehlen Haftzehen, Kehlsäcke und Rückenkämme. Die Pupillen der Eidechsen sind rund und durch bewegliche Augenlider geschützt und ihre Trommelfelle sind deutlich erkennbar. Ein drittes Auge, das auf dem Scheitelbein befindliche Scheitelauge, mit Linse, Netzhaut und Sehnerv, jedoch ohne Iris dient zur Wahrnehmung von Helligkeitsunterschieden direkt von oben.
Die Tiere sind vollständig beschuppt, wobei die Bauchschuppen größer sind als die Rückenschuppen.
Reptilien wachsen im Gegensatz zu Vertretern vieler Tiergruppen ihr Leben lang – die Jungtiere wachsen natürlich wesentlich schneller als die älteren Exemplare. Da die äußere Reptilienhaut verhornt ist und deswegen nicht mitwachsen kann, muss sie von Zeit zu Zeit abgestreift und durch eine größere Haut ersetzt werden. Diesen Vorgang nennt man Häutung.
Die Männchen sind oft lebhafter gefärbt als die unscheinbareren Weibchen.
Fast alle Arten sind eierlegend, manche lebendgebärend, darunter einige Unterarten der Wald- oder Bergeidechse.
Eidechsen bevorzugen sonnenwarme, vorwiegend trockene Lebensräume und kommen in Europa, Asien und Afrika, also in der Alten Welt, vor. In Australien sowie auf den beiden amerikanischen Kontinenten gibt es sie nicht. Als geschickte Jäger ernähren sich in der Regel von kleinen Wirbellosen, gelegentlich auch von Samen und Früchten.
Eidechsen haben ausnahmslos keine Giftdrüsen oder Giftzähne.
Die Eidechsen unserer Heimat
In Deutschland, Österreich und der Schweiz kommen fünf Arten vor:
Die Mauereidechse (Podarcis muralis), die Zauneidechse (Lacerta agilis), die Östliche Smaragdeidechse (Lacerta viridis), die Westliche Smaragdeidechse (Lacerta bilineata) und die Wald- oder Bergeidechse (Zootoca vivipara). Die Kroatische Gebirgseidechse (Iberolacerta horvathi) im Süden Österreichs wird von manchen Experten als sechste Art gezählt.
Bei uns im Landkreis Fürth kommen nur drei Arten vor, die Zauneidechse, die Waldeidechse und die Mauereidechse, die bei uns eingewandert ist oder ausgewildert wurde und damit nicht ursprünglich heimisch (allochthon) ist.
Uwe Hammon