Bedrohen die Biber unsere Land- Wald- und Teichwirtschaft?
10.12.2024
Der Europäische Biber wurde in Bayern im 19. Jahrhundert durch uns Menschen ausgerottet. Gründe dafür waren der große Jagddruck – vor allem wegen ihres wertvollen Fells. Aber auch andere Faktoren, wie die Zerstörung und Beeinträchtigung ihrer Lebensräume, insbesondere durch
Trockenlegung von Feuchtgebieten und Begradigung von Gewässern spielten eine Rolle. Nicht zuletzt verursachten Biber auch schon damals Schäden an landwirtschaftlichen Flächen und Bäumen, was zu Konflikten mit Landwirten führte.
Die Wiederansiedlung - eine Erfolgsgeschichte
Von den 1960er bis 80er Jahren wurden die Biber – maßgeblich durch den BUND Naturschutz – in Bayern wiedereingebürgert. Das war die erfolgreichste Wiedereinbürgerung eines Wildtieres in Bayern. Zurzeit gibt es im Landkreis Fürth ca. 90 Biberreviere mit ungefähr 250 Tieren
2019 waren es ca. 60 Reviere mit ungefähr 200 Bibern. Das klingt nach einer besorgniserregenden Entwicklung, ist es aber bei näherer Betrachtung nicht. Langsam dürfte der Landkreis mit Bibern „gesättigt“ sein, da lediglich ca. 5% der Landfläche als Lebensraum für Biber infrage kommen, Biber außerordentlich territorial sind und relativ große Reviere benötigen. Eine weitere Zunahme der Bestände wird also voraussichtlich durch natürliche Regularien verhindert werden.
Bautätigkeit
Das nach dem südamerikanischen Wasserschwein größte Nagetier der Welt ist allein schon wegen seiner Biologie, seiner Lebensweise und seinem Sozialverhalten hochinteressant. Durch seinen speziellen Nahrungserwerb und die damit einhergehende aktive Bautätigkeit rückt er aber noch mehr in den Fokus der Biologen und Ökologen. Diese Bautätigkeit umfasst seine selbst angelegten Baue (vom einfachen Erdbau bis zur „klassischen“, vollständig von Wasser umgebenen Biberburg), seine Ausstiegs-, Verbindungs- und Fluchtröhren, seine das Wasserniveau regulierenden Dämme und andere Eingriffe in unsere, meist land-, forst- und teichwirtschaftlich genutzten Flächen und natürlich auch in unsere Siedlungen.
Biberreviere zählen zu den artenreichsten Biotopen
Biberdämme in Fließgewässern schaffen neue Feuchtflächen, dienen dem Wasserrückhalt bei Niederschlägen, insbesondere Starkregenereignissen, fördern die Grundwasserneubildung und verbessern das Mikroklima. In Biberrevieren fühlen sich beispielsweise Laubfrösche, eine ehemalige Allerweltsart, die heute leider immer seltener wird, wieder wohl. Das Fällen von Bäumen lichtet den Uferwald und schafft Sukzessionsflächen. Liegen gebliebene Bäume und benagte, aber nicht umgefallene Bäume schaffen Totholzbiotope, die beispielsweise von Fledermäusen genutzt werden. Röhren und Baue erhöhen die Uferstruktur. Neu geschaffene Strukturen in den Gewässern werden von Fischen dankend angenommen – Jungfische tummeln sich in geschützten und flachen Gewässerabschnitten. Liegen gebliebene Bäume verwirbeln das Wasser und reichern es so mit Sauerstoff an. Diese ökologische Aufwertung machen die Biber unentgeltlich – ihre Arbeit ist im wahrsten Sinne des Wortes unbezahlbar!
Biber verursachen auch Schäden
Wer Schäden durch die Biber abstreitet, verleugnet eindeutig die Faktenlage und verklärt diese Tierart! Betroffene Land-, Forst- und Teichwirte sind von den Bibern wenig begeistert und auch manche Privatperson kann es treffen. Biber fressen für sie erreichbare Feldfrüchte – besonders die energiereichen Zuckerrüben und Maiskolben. Sie unterminieren Uferbereiche, legen auch in Hochwasserschutzdeichen und Kläranlagen Baue und Röhren an, sie überschwemmen Wiesen und Äcker in ihren Revieren und schrecken auch nicht davor zurück, Nutz- und Obstbäume zu fällen. Wen wundert es also, dass die Biber bei den Betroffenen nicht besonders beliebt sind – schließlich bedeuten diese Schäden auch ökonomische Ausfälle.
Schadensminderung ist möglich
Probleme treten fast ausschließlich in einem 20 m schmalen Streifen entlang der Gewässer auf. Eine Lösung kann es also sein, ungenutzte Flächen entlang der Gewässer zu schaffen – die Gewässerrandstreifen erlangen somit neben der Pufferung des Eintrags von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, dem Rückhalt von Sedimenten bei Hochwasser und der Schaffung strukturreicher Lebensräume am Wasser noch eine weitere Dimension.
Da solche Flächen nicht überall, wo nötig, geschaffen werden können, wurde eine ganze Palette von Einzelmaßnahmen entwickelt, um Konflikte mit Bibern zu verhindern oder auszugleichen. Dazu gehören z. B. der Schutz von wertvollen Bäumen mit Drahtgeflecht, Drainage oder Abtragen von Biberdämmen, Elektrozäune gegen Fraßschäden an Feldfrüchten und der Einbau von Drahtgittern in Uferbereiche gegen Unterminierung.
Da Biber streng geschützt sind, bedeutet das, dass auch ihre Bauten, Burgen und Dämme ohne naturschutzrechtliche Genehmigungen nicht beschädigt oder zerstört werden dürfen. Die Biberberater der unteren Naturschutzbehörden und die Bibermanager des BUND Naturschutz beraten und unterstützen gerne. Außerdem steht für den Ausgleich von Schäden ein freiwilliger Schadensfonds des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz zur Verfügung. Die Abwicklung erfolgt ebenfalls durch die für Biber zuständigen unteren Naturschutzbehörden. Wo größere Schäden zu erwarten sind und keine andere Abhilfe möglich ist, werden Biber ggf. auch entfernt.
Fazit
Mit den Auswirkungen der Bibertätigkeiten können wir umgehen. Wo immer es möglich ist, sollten wir das Wirken der Biber jedoch zulassen, um die positiven Effekte auf den Artenschutz und den Wasserhaushalt, also unsere eigenen Lebensgrundlagen, sicherzustellen.
Uwe Hammon